Ob Sie ein Risiko vorausschauend betrachten wollen oder ob es bereits ein Problem gibt, wichtig ist, eventuelle und bereits existierende Probleme genau zu erkunden. Das hilft, richtige Ursache/n und alle anzugehen. Zwei einfach nutzbare und in meiner Arbeit bewährte visuelle Methoden stelle ich hier vor.

„Wenn ich eine Stunde habe, um ein Problem zu lösen, dann beschäftige ich mich 55 Minuten mit dem Problem und 5 Minuten mit der Lösung.“ Albert Einstein zugeschrieben

 

Genau hinzusehen, kann sich lohnen

  • Für ein Problem erscheint die Ursache auf einen Blick klar. Wenn das nicht stimmt, schafft man sich vielleicht ein weiteres Problem.
  • Ein Problem kann eine Ursache haben. Ein Problem kann mehrere Ursachen haben. Wenn man nicht alle erkennt, schafft man sich vielleicht ein weiteres Problem.
  • All das kann Nerven und Geld kosten.

Um möglichst den richtigen und möglichst allen Ursachen nahe zu kommen und dorthin seine Energie zu richten, ist eine detaillierte Problemanalyse entscheidend. In meiner Arbeit mit KundInnen, die Wissen zum Fließen bringen wollen, haben sich besonders die folgenden beiden Methoden bewährt. Alle lassen sich geplant und auch ad hoc anwenden. Je nach Situation nutzt man eine oder beide kombiniert.
Und sie sind auch gute 1-Personen-Methoden, wenn man mal für sich über ein Problem – privat oder beruflich – strukturiert nachdenken möchte.

Doch zuvor noch ein wichtiger Hinweis:
Kreatives Problemlösen ist ein mehrstufiger Prozess. Es gilt, die Beteiligten zu betrachten, das Problem zu betrachten und die Situation rundherum. Die beiden Methoden können Bestandteil dieses Prozesses sein. Manchmal sind sie sogar einziger Bestandteil, bevor es an die Lösung geht. Doch muss das nicht immer der Fall sein.

Problemanalyse mit der Ishikawa-Methode

Problemanalyse mit den Standardästen von Herrn Ishikawa
Ein Beispiel mit den Ästen der Basisvariante (Windolph, 2015/2020)

Schaut man sich die Methode an, kommt man vielleicht in Versuchung sie als ein bissel alt abzutun. Tatsächlich ist sie alt. Der gleichnamige japanische Chemiker hat sie schon Mitte des letzten Jahrhunderts entwickelt. Doch ist sie auch heute noch sehr hilfreich. Sie lenkt den Blick auf mehrere potentielle Kategorien von Ursachen. Oben sehen Sie diese an den Ästen.

Problemanalyse mit dem Ishikawa-Diagramm und selbst gewählten Ästen
Die Äste lassen sich auch je nach Problem und Situation adaptieren. (Miro, 2020)

Im Frühjahr 2020 haben Informatics-Studierende in meinem Fach „Creative Thinking“ an der FH IMC Krems unter anderem diese Methode in unserem Hackathon „Students versus Stress“ zur Analyse der eigenen Herausforderungen genutzt. In einer Zeit als unser aller Leben durcheinandergewirbelt wurde, hat sich die Methode dabei bewährt, Stressursachen möglichst breit zu erkennen. Als eine der verwendeten Analysemethoden, war sie Ausgangspunkt auf dem Weg zum Hack, also einer niedrigschwelligen Hilfe, um einem Stressfaktor beizukommen.
Es war auch sehr berührend in den Diagrammen die Vielfalt der Herausforderungen zu sehen.

Hier ein Ishikawa-Hack für Sie :-)
Man kann das Diagramm in der Nutzung auch „umdrehen“, sogar mehrfach:

  • Man kann ein ausgefülltes Ishikawa-, also das Problem-Diagramm betrachten und in einer anderen Schriftfarbe entwickeln, was sich ändern muss, damit das Problem kein Problem mehr ist.
  • Oder – ohne Problem startend – schaut man sich an, was es für ein erstrebenswerte gutes Ziel an Voraussetzungen in den gewählten Kategorien alles braucht.

Lasen Sie eine gesunden Fisch schwimmen :-) So gewinnen Sie für Ihren kreativen Werkzeugkasten eine Methode zum Finden von Ideen hinzu.

Kann man nicht gemeinsam vor einem großen Flipchart stehen, bietet sich unter anderem folgende Software zur Unterstützung an:

  • Gratis XMind 8 enthält ein Ishikawa-Diagramm. Ich würde dieses Format nutzen und nicht auf eine MindMap ausweichen. Die Fischmetapher, gerade weil in ihrem biologischen Hintergrund grauslig, ist ein starkes Problembild. Dass die Äste so nah beieinanderstehen kann auch kraftvoller wirken, als wenn sie zu weit (quasi „ist ja weit weg“) in einer MindMap verteilt stehen.
  • In gängigen online Whiteboards gibt es dieses Diagramm auch. Ich nutze mit Edu-Lizenzen für meine Lehre Mural. Gratis gibt es dies in Miro (siehe Bild oben)

 

Problemanalyse mit 5 Warum

Universell einsetzbar, schaut diese Methode nach der „Wurzel des Übels“. Man kann sie allein oder als Fortsetzung des Ishikawa-Diagramms zur gründlichen Problemanalyse nutzen.

Problemanalyse mit 5x Warum
Ein Beispiel aus dem hier downloadbaren Handbuch
von der Arbeiterkammer Oberösterreich und mir
zu Wissenstransfermethoden (Staflinger, Hexelschneider, 2014/2017)

Hierzu ein weiteres Beispiel aus meiner Arbeit: Eine Wissenstransfermethode soll eingeführt werden. Es gibt Erfahrungen mit einem ersten Versuch, der nicht beendet wurde. Und es gibt Erfahrungen mit ähnlichen Veränderungen in der Firma. Daraus kann man schlussfolgern, dass ein Stakeholder bereits von den allerersten Überlegungen an eingebunden werden sollte, um Befürchtungen ernst zu nehmen und zu berücksichtigen.
Warum könnte sie/er eine ablehnende Haltung haben? Zusammen mit der Kundin sammelte ich auf einem Flipchart alle ersten Antworten. Danach haben wir zu jeder Frage noch 4x „Warum?“ gefragt und uns so zu möglichen Gründen hinter den Gründen vorgearbeitet. Anschließend sammelten wir die noch offenen Fragen und erarbeiteten Optionen zum weiteren Vorgehen.

Ein Wort der Vorsicht beziehungsweise zwei:

  • Ich nutze die Methode oft. Doch zu viel Warums können auch nerven. Das heißt, wenn sie keine neuen Erkenntnisse bringen, muss man aufhören. Man kann vielleicht – zur Sicherheit – das Gehirn noch eine Nacht daran arbeiten lassen.
  • Warum ist nicht das beste Fragewort. Es kann unter Rechtfertigungsdruck bringen. Damit das nicht geschieht, sollte man bei der Entscheidung für die Nutzung der Methode bedenken, ob die Situation dafür geeignet ist.

Wenn man nicht gemeinsam vor einem großen Flipchart stehen kann, helfen gemeinsame Tabellen in entsprechend genutzter Software. Auch die oben genannten online Whiteboards umfassen Templates für 5x Warum.

 

Für beide Methoden der Problemanalyse noch 3 extra Tipps

  1. Natürlich sind auch andere Whiteboards möglich, die mit Text und Pfeilen umgehen können.
  2. Beide Methoden können mehr Erkenntnisse bringen, wenn sie zuerst alle Beteiligten einzeln anwenden und danach die Erkenntnisse zusammentragen.
  3. Wenn Sie diese Methoden angewendet haben, markieren Sie farblich was Fakten und was Meinungen sind. Dies bringt noch mehr Erkenntnisse und hilft noch überlegter vorwärts zu gehen.

Nun wünsche ich Ihnen möglichst wenig Probleme. Falls sie doch vorkommen, probieren Sie die Methoden einmal aus.

Quellen:
Titelbild Alessandro Erbetta gratis auf Unsplash

Miro, 2020 Miro (2020) How to Build a Fishbone Diagram and Get the Most Out of It.

Staflinger, Hexelschneider, 2014/2017 Staflinger, H., Hexelschneider, A. (2014/2017) PflegeWISSEN ist im Fluss. 30 Methoden für Wissenstransfer in der Pflege. Kammer für Arbeiter und Angestellte Oberösterreich als Lead-Partnerin im EU-geförderten INTERREG-Projekt „PFLEGE: Ein Arbeitsmarkt der ZUKUNFT – Grenzüberschreitende Kompetenzentwicklung in der Pflege“

Windolph, 2015/2020 Windolph, Andrea (2015/2020) Problemlösung im Projekt: So funktioniert die Ishikawa-Methode.