Erfahrung vom KnowledgeCamp
der Gesellschaft für Wissensmanagement in Österreich 2015 – Teil 1
So vielfältig wie die Geschichten die das Arbeitsleben schreibt, sind auch die Business Storytelling-Methoden. Die Methode Anecdote Circle ist eine davon – wie ich finde, eine einfache Methode zum Einstieg in’s Storytelling
Ich habe sie in einer Session „Gute Zeiten, schlechte Zeiten? Wissen auf Wanderschaft“ mit TeilnehmerInnen des KnowledgeCamps ausprobiert.
Die Methode Anecdote Circle
Wir haben die Version der Methode von anecdote aus Australien ausprobiert. Die anecdote-Experten sind definitiv meine Storytelling-Gurus. Ich lese ihren Blog schon ewig, konnte sie in Melbourne und Wien treffen und schätze sie sehr.
Ausführlich stellt ihr Handbuch die Methode vor.
Hier ein Kurzüberblick zum Anecdote Circle:
-> Was?
Ein Anecdote Circle ist eine Art Fokusgruppe für Geschichten. Aber: „An anecdote circle differs from a focus group in one specific way: there is a lack of focus.“ (Callahan et al., 2006, S.6)
Teilnehmerzahl: 4- 12 Personen und ein Moderator
-> Wie?
Ziel -> Geschichtenthema und Regeln -> Teilnehmerauswahl -> Geschichtenerzeugende Einladung in der Sprache der Firma/Organisation -> Treffen: Introfragen und Warm-up, Geschichten werden erzählt, evtl. nachgefragt, nicht widersprochen, wenn sie jemand etwas anders erlebt hat, erzählt er/sie seine Sicht/Version der Geschichte („Ich habe das so erlebt…“) -> Warm-down -> nach dem Treffen Auswertung und Nutzung dieser Stories zum Erreichen des Zieles.
-> Wofür?
Einige Beispiele:
- Erfahrungsaustausch zu einem Thema,
- Teambuilding, Beziehungsaufbau,
- Lessons Learned nach Projektende,
- Schritt zu Konfliktlösung,
- schwer fassbare Themen fassbar machen,
- schwierig zu evaluierende Projekte betrachten.
Der Test: Anecdote Circle im Barcamp
Eine Barcamp-Session ist kurz, daher war das (nur) ein kurzer Ausschnitt-Test des Anecdote Circles.
Die Geschichten sollten sich mit Erfahrungen zu guten Zeiten, schlechte Zeiten von Wissen auf Wanderschaft beschäftigen.
-> Warm-up
Als warm-up haben wir betrachtet, was Wissen auf Wanderschaft so passieren kann:
- Wissen kommt,
- Wissen geht,
- Wissen interessiert niemanden,
- man bekommt Wissen nicht,
- Wissen verjährt, Wissen verstaubt,
- Wissen wird erzählt,
- Wissen wird kombiniert.
-> Eingangsfrage/n
„Wenn wir Wissen auf Wanderschaft bedenken, kommen Gedanke, Ideen und Erinnerungen.
Ich war mit einem Wissen auf Wanderschaft und was ist mir dabei widerfahren? Lustiges, Berührendes, Überraschendes, Ärgerliches, Enttäuschendes.
Welche Beispiele, Bilder oder Erinnerungen, die Ihr selbst erlebt habt, oder von denen Ihr gelesen oder gehört habt, kommen Euch da in den Sinn?“
Das Wort Geschichte schreckt u.U. ab, wenn man sich nicht als guter Geschichtenerzähler fühlt. Besser also z.B. nach Beispielen, Erfahrungen, Erlebnissen zu fragen.
Wir hatten Zeit für 3 Geschichten und verblüffenderweise kamen alle oben gesammelten möglichen Schicksale von Wissen auf Wanderschaft vor.
Und alle hatten ein happy end, obwohl zwei Geschichten eher mit schlechten bis sehr Zeiten starteten.
-> Erkenntnisse:
- Sicherlich unterschieden sich die Geschichten in ihrem Dramatisierungsgrad und ihrer Ausgestaltung mit erzählerischen Kniffen. Doch ich fand, alle transportierten trotzdem lebendig, (Lern-)Erfahrungen.
Mir scheint, dass es hier also nicht unbedingt auf die perfekte Storygestaltung ankommt, da es ja erst einmal (nur) um eine Erhebung geht.
Außerdem wird nachgefragt.
Und motiviert. Eine Geschichte endete zunächst traurig. Als zwei hoffnungsvollere Geschichten erzählt wurden, fiel dem Erzähler der traurigen Geschichte ein: „Moment, es gab da doch einen Lichtblick zum Schluss.“ - Warten auf die Geschichten bewegt durchaus:
Das ist auch ein Rat, den Shawn Callahan von anecdote bekam: - Die Auswahl der Teilnehmenden entscheidet über die Zielerreichung. Sie sollten Bescheid wissen zu Thema. Wenn gebraucht, vielfältige Sichten erlebt haben oder verschiedene Sichten auf die gleiche Situation. Ein gewisser Anteil von ihnen sollte sicher extrovertiert sein, Ausbalancieren der Teilnehmer ist gefragt, man braucht beide Naturelle.
- Diese Methode könnte auch genutzt werden, um Unternehmenskulturgeschichten für Neueinesteiger in eine Firma/Organisation zu generieren. Wenn z.B. aus der Sammlung eine charakteristische Geschichte entsteht, nützt und die weitergegeben werden kann.
- Auch verfahrene Wissensmanagement-Situationen könn(t)en (manchmal) gelöst werden. Z.B., durch Menschen, die das versuchen und dran bleiben.
Durch Schaffung von Strukturen.
Mit Wissensviertelstunden.
Es hat mir sehr gefallen. Vielen Dank an alle Teilnehmer und besonders an die Geschichterzählerin und die Geschichtenerzähler!!
Und hier finden Sie meinen Bericht, wie wir in einer Arbeitsgruppe eine Visionsgeschichte erarbeitet und diese in einem World Café getestet haben.
Quelle:
Callahan, Shawn, Rixon, Andrew, and Schenk, Mark (2006) The Ultimate Guide to Anecdote Circles. A practical guide to facilitating storytelling and story listening
[…] https://wissendenken.com/wissenstransfer/anecdote_circle/ […]