Kreative Warm-ups verhelfen zu einer kreativen Geisteshaltung. Damit weckt man seine kreativen Potentiale (Blumenschein, Ehlers, 2007). Denn diese Warm-ups erlauben uns zu spielen, anders zu denken.
Drei einfache Warm-ups für Einzelpersonen – zum Beispiel für Sie – stelle ich hier vor. Diese können außerdem auch Gruppen nutzen. Nutzenswert sind sie zum Beispiel vor einer Arbeitsaufgabe, die viel Kreativität verlangt. Oder man nutzt sie, wenn man geistig in‘s Stocken gerät.
Ich bin nicht kreativ!?
Diese traurige Aussage habe ich schon oft gehört. Manchmal verbirgt sich dahinter der Bezug zu künstlerischer Kreativität oder zu einer Situation, wo einem keine Idee kommt. Doch das Leben ist zum Glück nicht nur schwarzweiß. Legen wir als Definition den Ursprung des Wortes zugrunde
Creare = schöpfen, erschaffen, ins Leben rufen
und betrachten wir einen Tag in unserem Leben, erkennen wir sicher viele kreative Momente. Eine Ausrede vielleicht ;-) Oder ein Essen mit dem, was wir noch im Kühlschrank finden. Klar, im Beruf reichen solche kleinen kreativen Momente nicht immer aus. Wissensarbeit ist je nach Ausprägung und Situation Schwerarbeit.
Wissensarbeiter:innen sind Menschen, die nicht für körperliche Arbeit oder manuelle Fähigkeiten bezahlt werden, sondern für die Anwendung ihres Wissens. (Drucker 1959, 1967). Für Effektivität und Effizienz benötigt man das passende Wissen und Methoden im Umgang damit. Siehe zum Beispiel meine Serie zum persönlichen Wissensmanagement.
Zurück zum kreativen Umgang mit Wissen. Und noch eine Verständigung: Für eine Idee
„kombiniert das Gehirn verschiedene Aktivierungsmuster von neuronalen Netzen und erzeugt so ein neues Aktivierungsmuster.“ (Beck, 2013)
Neben kreativen Strategien (Design Thinking) und kreativen Methoden gehen wir mit der Beachtung unseres biologischen Rhythmus bereits einen ersten Schritt zu mehr Kreativität:
- Was sind Ihre kreativsten Uhrzeiten?
- Wo sind Ihre kreativsten Orte?
- Was sind für Sie geeignete Rituale, um kreativ zu werden?
Wenn irgend möglich beachten Sie Ihre Antworten auf die Fragen und ermöglichen Sie sich so mehr Kreativität.
Ein nächster Schritt zu mehr Kreativität können kreative Warm-ups sein, zum Beispiel:
- als Warm-up vor einer kreativen Herausforderung,
- als Entspannung, wenn man im kreativen Denken nicht weiterkommt,
- einfach so, um mal etwas anderes mit den Händen zu tun, als zu tippen.
Man könnte kreativen Warm-ups zum Beispiel nach unseren Sinnen kategorisieren, die sie wecken oder ob man sie allein oder gemeinsam macht.
Die folgenden Beispiele kann man alle allein oder zu mehreren machen. Ich habe sie mal meinen Arbeitsschwerpunkten zugordnet. Natürlich funktionieren sie auch für andere Wissensarbeiten.
Warm-up à la didaktischer Reduktion
Blackout Poems habe ich bei Austin Kleon kennengelernt.
Sie sind genau das, was der Name sagt:
Man schaut in einer Zeitung oder Zeitschrift, ob einem ein Wort in’s Auge sticht. Dann sucht man in dem Text weitere passende Worte, um eine lustige oder schräge oder philosophische Aussage zu bilden (eigenes Beispiel).
Anschließend lässt man alle nicht benötigten Worte verschwinden (eigenes Beispiel).
Wenn man noch kreativer sein möchte…
… kann man noch bildhafter werden (eigenes Beispiel).
Was hat das mit didaktischer Reduktion zu tun?
„Didaktische Reduktion findet immer dann statt, wenn umfangreiche und komplexe Sachverhalte aufbereitet werden, um sie für die Lernenden“ oder andere Zielgruppen „überschaubar und begreifbar zu machen.“ (Lehner, 2012)
Blackout Poems sehe ich als freies beziehungsweise befreiendes Spiel mit Reduktion, bevor man an eine Arbeitsaufgabe didaktischer Reduktion geht. Mehr zu didaktischer Reduktion.
Ein Blackout Poem kann man auch digital erzeugen. Dafür lassen sich eigene Texte hochladen, um die tiefere Weisheit darin finden ;-)
Blackout Poems nützen übrigens auch als Workshop-Tool.
Warm-up à la visuelle Kommunikation
Hierfür kenne ich besonders viele Warm-ups. Ich stelle jetzt eine Kategorie daraus vor: ein existierendes „Bildes“ in etwas anderes verwandeln.
Dafür kann man zum Beispiel einen Gegenstand „ergänzen“ (eigenes Beispiel).
Will man sich etwas mehr fordern, deutet man einen Schatten als Comic um.
Hier ein Schatten eines Exponates auf dem Ars Electronica Festivals 2018 in Linz, Österreich (eigenes Foto)
Von mir zum Comic ohne Worte umgedeutet (eigenes Beispiel).
Dafür lohnt es sich, Schatten zu sammeln. So hat man immer interessante Herausforderungen parat.
Für das Schatten-Beispiel oben wurde ich angeregt durch eine Herausforderung zu ungewöhnlichen Comic-Rahmen, den „Grids & Gestures“ von Nick Sousanis. Auf ihn bin ich wiederum durch Dr. Jutta Pauschenwein von der FH Joanneum gekommen. Wenn es Sie jetzt sofort in Richtung Comics zieht, dann bitte hier entlang.
Es muss nicht ein Comic sein. Schatten kann man auch viel anderes Leben einhauchen. So schärft man seinen Blick und seine Fantasie, um dann an die Arbeit zu gehen und Wissen visuell aufzubereiten. Mehr zu visueller Kommunikation.
Warm-up à la Wissenstransfer
Gehen Sie dafür zu Ihrer Lieblingsquelle für lizenzfreie Fotos. Sagen wir mal zum Beispiel zu Unsplash. Scrollen Sie langsam durch die gleich ohne Suche gezeigten Bilder. Triggert ein Foto eine Erinnerung an etwas, was Sie gelernt haben? Und was ist die Lesson Learned? Was könnten Sie jemanden anderen davon mitgeben? So versetzt man sich ein wenig in die Schuhe von potentiellen Wissensgebern und Wissensnehmern. Mehr zu Wissenstransfer.
Mich erinnert dieses Parkhaus-Foto von Lysander Yuen an die Ausstellungsidee
FUMES AND PERFUMES in einem Parkhaus in Stuttgart (Deutschland)
Für mich ist dabei die Lesson Learned, dass man gar nicht ver-rückt genug denken kann, um Großartiges zu erreichen. Eine Fotoausstellung im Parkhaus ist wettergeschützt, sehr lange am Tag öffentlich zugänglich und gleichzeitig bewacht. Und sie transportiert Kunst „so nebenbei“. Außerdem bringt sie allen etwas: den Parkhausbesitzer:innen, den Macher:innen, den Parkenden und weiteren Interessierten. Kreatives Denken = feine Ideen.
Die Grundidee des Wam-ups, sich ein Foto in einer Quelle lizenzfreier Fotos zu suchen, habe ich von Jürgen Melmuka gelernt. Damals ging es um ein anderes Warm-up-Ziel: das lebendige Beschreiben von etwas zu üben und das aufmerksame Zuhören. Jürgen ist unter anderem Experte für den Erfolgsfaktor Zuhören.
Happy End
Probieren Sie einfach mal etwas aus. Welches Warm-up zieht Sie an und braucht wenig Zeit? Gönnen Sie sich eine Pause zur kreativen Erfrischung. Überdies werden Sie sehen, dass sie kreativ sind, ein Happy End also.
Quellen:
Beck, 2013 Beck, Henning (2013) Biologie des Geistesblitzes – Speed up your mind! Springer Spektrum 2013
Blumenschein, Ehlers, 2007 Blumenschein, Annette, Ehlers Ingrid Ute (2007) Ideen managen. Eine verlässliche Navigation im Kreativprozess. Rosenberger Fachverlag
Drucker, Peter (1959). The Landmarks of Tomorrow New York: Harper and Row
Drucker, Peter (1967). The Effective Executive. New York: Harper & Row
Lehner, Martin (2012) Didaktische Reduktion. Haupt Verlag Bern, Stuttgart, Wien
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