Ein Design Thinking-Prozess geleitet zu gründlichem Handeln für wirksames Fachwissen. Mal braucht es dafür vielleicht nur wenige Methoden und keinen Prototyp. Mal erkennt man, dass man mehr tun muss oder einen Schritt zurück gehen sollte.

Das ist meine Erfahrung für viele Aufgaben im Umgang mit Fachwissen. Sei es, um komplexes Wissen besser zugänglich zu machen (didaktische Reduktion, visuelle Kommunikation) oder um Wissen besser fließen zu lassen (Wissenstransfer, Wissensmanagement). Sei es „nur“ die Aufbereitung von komplexem Spezialwissen oder auch die Übergabe einer kritischen Rolle.

Dieser Blogpost soll eine Erinnerung an den Wert von Design Thinking sein. Und er verweist bei Interesse an Vertiefung auf passende weitere Ressourcen. Außerdem erwähne ich Beispiele aus meiner Arbeit.

 

Desing Thinking

Dieses stark vereinfachte Modell zeigt die Bestandteile:

Design Thinking Stanford Modell

Jede Nutzung in der Praxis ist unterschiedlich.
Mal ist es tatsächlich ein linearer Prozess. Mal durchläuft man ihn oder Teile davon mehrmals in Schleifen.

Wichtig ist, dass man möglichst nichts übersieht, was die Nutzung von Fachwissen beeinflußt.

 

Empathize, Define

Die Situation erkunden, Schlussfolgerungen ziehen.

Einstein wird zugeschrieben, dass er 55 Minuten einer Stunde für die Untersuchung eines Problems verwenden würde und 5 Minuten zur Lösung. Ob das stimmt und immer gilt, ist ungewiss. Doch entscheidend ist für die Zielerreichung, ein Problem, eine Herausforderung wirklich zu (er)kennen.

Wenn ich Wissen transferiere, erkunde ich mit den Kund*innen zu Beginn sehr detailliert die Bedürfnisse der Beteiligten und die Gegebenheiten. Auf diesem Fundament kann man verlässlicher die Ideenfindung aufbauen.

Design Thinking Überlegungen für Wissenstransfer

Beispiel Herangehen an Wissenstransfer im kommunalen Bildungsmanagement (Hexelschneider, 2021)

Beim Erkunden der Situation helfen visuelle Methoden. So bekommt und behält man besser den Überblick. Hier stelle ich dafür das Fischgrät-Diagramm und 5x Warum vor.

Dies sind zwei sehr universelle Methoden. Man kann sie für nahezu alle Situationen nutzen oder adaptieren oder kombinieren. Mit 5x Warum habe ich zum Beispiel mit einer Kundin erkundet, warum vor ihrer Zeit in der Firma ein erster Versuch für ein Expert*innenverzeichnis erfolglos war. Diese Nutzung der Methode war einerseits eine Analyse. Sie hat noch nicht bekannte Details aus der Vergangenheit gezeigt. Gleichzeitig war es eine erste Risikobetrachtung für die Zukunft. Davon profitiert man in der Ideenfindung.

Natürlich gibt es noch viel mehr Methoden für diese beiden ersten Design Thinking-Schritte. Es können sicher auch Methoden helfen, die Sie generell in Analysephasen nutzen. Personas von Beteiligten (zum Beispiel für Wissensgeber*in, Wissensnehmer*in) gehören dazu:

Persona als Design Thinking-Methode

Beispiel Persona.
Die Auswahl der Kategorien gestaltet man passend zur Situation und den Zielen (Hexelschneider, 2021)

Eine Kunde von mir wollte eine Wissenstransferveranstaltung weiter entwickeln. Wir haben dafür neben den bisherigen Erfahrungen auch genau auf Wissensgeber*innen und Wissensnehmer*innen und deren Bedürfnisse geschaut. Ich glaube, ein großer Teil meiner Kund*innen und Studierenden hat mit mir schon Personas erstellt :-) Am meisten notwendig war das einmal, als sich Zielgruppen in den Sinus-Milieus überschnitten.

Hilfreich für die Analyse können auch bisherige Erfahrungen sein. Um sie zu finden, eignet sich zum Beispiel der Anecdote Circle.

Beim Erkunden einer Situation helfen auch Journey Maps. Diese können zum Beispiel die “Reise” von Kund*innen durch Verkaufs- oder Serviceprozesse erfassen. Hier schildere ich ein Beispiel.

Journey Mapping-Beispiel

Ein weiteres Beispiel – eine „Einkaufsreise“ (Buchberger, 2016)

Natürlich kann man damit auch den Umgang mit Fachwissen ergründen. Ich habe das Prinzip zum Beispiel für Wissenstransfer aus Projekten adaptiert und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Dies bedeutet, dass man in der Phase Empathize, Define auf das eigene oder ein fremdes Projekt blickt. Es gilt anzuschauen, welches Wissen von wem erworben wurde und ob es auch in Zukunft leistungsbeeinflussend sein kann. Auf diese Weise fundiert ausgewählt, geht man in die Ideenfindung für die Nutzung und die Transferwege.

Es gibt auch hier viel mehr nützliche Design Thinking-Methoden. Die aufgeführten Beispiele habe ich ausgewählt, da sie sehr universell nutzbar sind.

Bevor man zum Schritt Ideate geht, sollte man alle erarbeiteten Erkenntnisse zusammenfassen. Mit dem Design Criteria Canvas und einem SMARTen Ziel behält man sie im Blick für die folgenden Schritte:

 

Ideate

Ideen finden.

Eine ganz einfache A-Z-Liste mit der man Ideen findet, „zwingt“ nicht zu schnell aufzuhören, Ideen zu suchen. Die begeisterndste Erfahrung mit dieser Methode habe ich in England gemacht. Eine Teilnehmerin und ihr Team bei einem Hackathon, den ich mitgestaltet habe, haben sie zu einer Wissenstransfer-Methode umgebaut. Siehe 5. hier.

Ein einfacher Trick für mehr und bessere Ideen ist, mit einer Methode gefundene Ideen mit anderen Methoden weiterzudenken.

Auch um Ideen zu finden, gibt es viele Methoden. Erstaunlich gut geht es mit Bildern (Bisoziation)
Was motiviert die Beteiligten zu Wissenstransfer? Auf diese Frage haben KundInnen von mir schon verblüffende Antworten und Ideen mit Hilfe von Bildern gefunden. Out of the Box-Fotos erlauben Out of the Box-Gedanken.

Die Mühe lohnt:

Kreativität Zitat Frank Lloyd Wright

Trotzdem sollte man nüchtern an die Ideenauswahl gehen und mögliche Risiken betrachten. Einfache Methoden sind zum Beispiel:

Alle Überlegungen und Entscheidungen gilt es, gut zu dokumentieren. So kann man sie später reflektieren oder zum Beispiel nach Tests Schritte zurück gehen und fundiert andere Entscheidungen treffen.

 

Prototype

Einen Prototyp erstellen.

Je nach Situation kann es hilfreich sein, Prototypen zu entwickeln. Ein Prototyp ist zumeist ein vereinfachtes Modell einer Idee.

In meiner Arbeit waren das unter anderem Prototypen im Wissenstransfer. So zum Beispiel die Homepage und einige Unterseiten eines Wikis als Skizze. Oder ein Ablaufplan für Übergabeprozesse in Form einer Wissenslandkarte.

Mit solchen Entwürfen macht man Ideen greifbar/er. Damit erkennt man besser – „von außen“ – Potential und eventuelle Schwachstellen einer Idee. Weiterentwicklung wird ermöglicht. Oder man kann die Idee mit Zielgruppen testen. Oder die Idee wird so für interne Stakeholder*innen verständlicher.

  • Ich erwähnte schon Skizzen und Ablaufpläne als Prototyp. Soll der Prototyp realer aussehen kann gratis Software helfen. Oder auch mit Sketch.
  • In einer Service Design Jam haben wir einmal den Ablauf eines Service mit einem Video als Prototyp improvisiert. Mehre Beteiligte haben die Menschen im Service gespielt. Wir hatten große Papierbögen mit Skizzen, die eine Website darstellten und einige weitere Requisiten.
  • Mit Business Origami kann man ebenfalls flexibel Prototypen erstellen.

Business Origami Prototyp

Ein Business Origami Prototyp-Beispiel von mir für Studierende.

Weil ich ihnen keine eigenen beruflichen Prototypen zeigen mochte, habe ich mir den idealen Instawalk nach dem ersten Lockdown 2020 vorgestellt :-)
Er hätte an den letzten Instawalk vor dem  ersten Lockdown angeknüpft. Das Foto ist von jenem Walk (Unisternwarte Wien, Walk mit Igersaustria & Igersvienna & Naturhistorisches Museum Wien).
(Hexelschneider, 2020)

Mehr dazu.

Test

Testen

Die Idee beziehungsweise den Prototypen vor der Umsetzung zu testen, kann sich lohnen. Lohnend, um Energie passend in die Umsetzung zu investieren.

Ich möchte hier noch einmal daran erinnern, dass man nicht alle Schritte des Design Thinking gehen muss, beziehungsweise nicht alle mit viel oder gleich großem Aufwand. Aber in meiner Arbeit hat sich bewährt, auf jeden Fall gründlich nachzudenken, welche man gehen sollte und wie. Dieses Vorgehen bietet die Chance, Fachwissen systematisch durchdacht wirksam zu machen.

Für den Test stellt man eine oder mehrere Hypothesen auf und überprüft sie:

Design Thinking-Schritt Tests

Wie schon kleine Tests Erkenntnisse gewinnen, lesen Sie hier.

 

Schritt für Schritt mit Design Thinking-Methoden zu wirksamen Fachwissen

Ob ein neues Dashboard ansteht oder eine hilfreichere Lessons Learned-Dokumentation oder ein internes Barcamp. Die damit verfolgten Ziele erreichen Sie verlässlicher, wenn Sie sich dabei an Design Thinking orientieren.

Mehr Design Thinking für wirksames Fachwissen?
Knowledge-focused design thinking

Application of design thinking to product-configuration projects
“The framework’s individual steps create a structured approach to supporting industrial companies with a toolbox of DT techniques and methods for configuration projects.”
Eine andere Perspektive, doch auch hier geht es um wirksames Fachwissen.

Quellen:
Buchberger, 2016
Buchberger, O. (2016) Customer Journey – warum sie so kompliziert ist und sich trotzdem lohnt. In: OM Kantine

Hexelschneider, 2020
Eigenes Beispiel für das Fach Creative Thinking im Studiengang BA Informatics der FH IMC Krems.

Hexelschneider, 2021
Hexelschneider, A (2021) Zukunftsorientierter Wissenstransfer. Wege und Methoden zur Verstetigung des kommunalen Bildungsmanagements Transferagentur Kommunales Bildungsmanagement NRW. Institut für soziale Arbeit e. V., Münster

Strategyzer, 2017
Strategyzer (2017) How To Track The Progress Of Business Experiments.